Eigentlich noch öfter. Mit Digitaler Mittelformatkamera und großem, schwerem Stativ.
Im Zentrum von Brioude, einem Städtchen etwa 70 Kilometer südlich von Clermont-Ferrand, steht eine Kirche, deren Schönheit mich bezaubert hat.
Über die Geschichte der Stadt oder der Basilika steht viel ausführlicheres im Netz als ich zusammentragen könnte. Ich möchte nur ein paar visuelle Eindrücke teilen.
Die Kirche bildet das Zentrum einer kleinen Fußgängerzone; kein Wunder, die Sträßchen sind zu eng, um normalen Autoverkehr zu ermöglichen. Im Anschluss an die Apsis ein großer Platz, dahinter ein Museum, das der Geschichte Saint-Juliens und Brioudes gewidmet ist. Der Eintritt ist frei, der Blick auf die Kirche aus dem 2. Obergeschoss lohnt sich.
Gegen Personalausweis wird einem während der Öffnungszeit des Museums der Schlüssel zu einem Raum über dem Narthex ausgehändigt. Eine dunkle Treppe hoch gelangt man zur Michaelskapelle, die dem Publikum normalerweise verschlossen bleibt.
Der Blick von dort in das Mittelschiff lohnt den Aufstieg. Fast vergisst man, sich den wunderbaren Wand- und Deckenmalereien zuzuwenden. Tut man’s dann, packt einen der Zorn: Wo man ohne Hilfsmittel hinkommt, haben sich immer wieder hirnamputierte Besucher „verewigt“ – Initialen und ganze Wörter, oft auch bloß (Zerstörungslust? Mutprobe?) Kratzer in die alten Malereien geritzt.
Eine Schande.
Die Malereien und die Farbgebung der Kirche, sie fallen mir als kunsthistorisch schmerzhaft unbewandertem Besucher am deutlichsten als „anders“ auf. So bunt, so lebendig und trotzdem, hm, würdevoll kann eine Kirche sein?
Die Farben geben dem Raum eine warme Atmosphäre, nehmen die romanische Schwere des Baus etwas zurück. Im Jahr 2009 hat ein Dominikanermönch südkoreanischer Herkunft, Père Kim En Joong, sechsunddreißig Kirchenfenster neu gestaltet.
Ihre Farbgebung greift die warmen Farben der Wandmalereien auf. Der Stand der Sonne beeinflusst diese Farben und damit die Stimmung im Raum.
Die Gastgeberin in unserem chambre d’hôte war très enchanté, dass uns die modernen Fenster in diesem altehrwürdigen Bau gefielen. Sie berichtete von heftigen Kontroversen in der Stadt und der Region.
Ja, die Fenster gefielen uns, mir mehr wegen ihrer Wirkung auf die Lichtstimmung in der Kirche als wegen ihrer Motive.
Das Schönste an Saint-Julien jedoch war für mich, dass ich mich dort willkommen fühlte, obschon ich nicht gläubig bin.
Das ist nicht selbstverständlich.